Seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Februar 2022 sind laut Ausländerzentralregister (AZR) 1,13 Millionen Menschen nach Deutschland geflüchtet. Im Oktober letzten Jahres hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil große Konzerne, Zeitarbeitsfirmen und Branchenverbände von einer Selbstverpflichtung überzeugt, künftig verstärkt Geflüchtete aus der Ukraine einzustellen, denn bisher arbeiten nur 19 Prozent der Geflüchteten.
Seit ein paar Monaten sind Iryna, Andrii und Alexander Mitarbeitende der Gi Group. Schon bald nach Beginn des russischen Angriffskrieges sind sie aus ihrer Heimat geflohen. Iryna und Andrii stammen aus Mariopol, Alexander lebte an der Grenze zu Weißrussland. Die Einreise führte sie über zahlreiche Stationen nach Norddeutschland, wo sie inzwischen in der Nähe von Wilhelmshaven leben. Als Zeitarbeitskräfte arbeiten sie nun in einem großen Logistikzentrum in Schortens. „Wir sind dankbar, dass wir diese Chance bekommen haben“, freut sich Alexander.
Iryna, Andrii und Alexander haben ihre Jobs bei der Gi Group ohne behördliche Hilfe gefunden - durch Weiterempfehlungen von Freunden. In ihren erlernten Berufen können sie in Deutschland bisher nicht arbeiten: Bevor Alexander nach Deutschland flüchtete, arbeitete er als Rechtsanwalt. Um als Anwalt in Deutschland zu arbeiten, ist ein Zusatzstudium von mindestens vier Jahren nötig. Iryna arbeitete als kaufmännische Angestellte in der Logistikabteilung eines großen Lebensmittelkonzerns, als Fitnesstrainer betrieb Andrii ein eigenes Ladengeschäft für Nahrungsergänzungsmittel.
Etwa 400.000 Menschen werden in den kommenden Monaten ihre Integrationskurse abschließen und somit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Aufgrund der Massenzustromrichtlinie der EU (in Deutschland abgebildet im §24, Aufenthaltsgesetz) benötigen sie kein Asylverfahren, d.h. Menschen aus der Ukraine können sofort arbeiten.
Die Motivation der Bundesregierung ist hoch, die ukrainischen Geflüchteten in Arbeit zu bringen. Nicht nur, um die Ausgaben der Bürgergeld-Kosten in einem angespannten Etat zu reduzieren, sondern auch, um der deutschen Wirtschaft eine Lösung im Fachkräftemangel anzubieten. Um die Integration der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen, plant die Bundesregierung eine intensivere Betreuung durch die Jobcenter. Damit dies schnell und effektiv gelingt, sollen sich Wirtschaft, Kommunen und Weiterbildungsträger enger miteinander vernetzen.
Martin Klingen, Mitglied der Geschäftsführung bei der Gi Group, ist davon überzeugt, dass Zeitarbeitsunternehmen besonders effektiv bei der Integration tätig sind. Er hebt hervor: „Schon während der Flüchtlingswelle 2015/16 hat die Zeitarbeitsbranche erfolgreich Arbeitsmöglichkeiten für die Betroffenen geschaffen. Keiner anderen Branche ist das so gut gelungen. Auch diesmal werden wir unseren Beitrag leisten. Wir können das!“
Alexander verfügt aufgrund seiner deutschen Wurzeln über gute Sprachkenntnisse. Im Gegensatz dazu beherrschen Iryna und Andrii die Sprache nicht. Der Grund: Obwohl sie bereits seit anderthalb Jahren hier leben, ist es ihnen noch nicht gelungen, einen Platz in einem Sprachkurs zu bekommen. Die Bestätigung der Kostenübernahme vom Jobcenter ist zwar da, „doch leider sind die Kurse schnell ausgebucht und die Warteschlangen sehr lang, wir haben es bisher nicht geschafft“, bedauert Iryna.
Iryna und Andrii wollen deutsch lernen, doch bisher kamen sie mit Englisch sehr gut klar. Das gilt vor allem für die Arbeit im internationalen Logistikzentrum: Die Arbeitsanweisungen seien zwar überwiegend auf Deutsch, „doch Vorarbeiter, Kollegen und Ansprechpartner bei der GiGroup helfen weiter. „Es ist viel einfacher als gedacht“, fasst Iryna zusammen.
Ein Blick über die Ländergrenzen zeigt, dass sich unsere Nachbarländer mit der Integration ukrainischer Geflüchteter in den Arbeitsmarkt leichter tun, so das Ergebnis einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung. In Dänemark haben bereits 74 Prozent eine bezahlte Beschäftigung gefunden. In Polen und Tschechien, den beiden bedeutendsten Aufnahmeländern neben Deutschland, liegt die Quote bei etwa zwei Drittel. Die Niederlande, Großbritannien und Irland verzeichnen Arbeitsquoten von über der Hälfte. Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland liegt der Anteil bei 19 Prozent, während in Österreich lediglich 14 Prozent der ukrainischen Kriegsflüchtlinge erwerbstätig sind. Das staatliche polnische Wirtschaftsinstitut erwartet sogar für 2023, dass die Geflüchteten aus der Ukraine mehr Steuereinnahmen bringen als sie Ausgaben verursachen.
Iryna, Andrii und Alexander helfen gerne dabei, für sie ist es selbstverständlich: „Die Deutschen haben uns in unserer Notlage sehr herzlich aufgenommen und unterstützt, dafür sind wir dankbar.“
Dieser Beitrag gehört zur Serie „Wir sind Chancengeber“, die persönliche Geschichten von Menschen in der modernen Arbeitswelt zeigt. Durch ihre berufliche Tätigkeit in der Zeitarbeit erleben sie soziale Teilhabe, Integration, Wertschätzung und berufliche Perspektive. Das Interview wurde vom Unternehmerbündnis Zeitarbeit geführt. Die GiGroup ist Mitglied dieser Interessengemeinschaft.
Dass Personaldienstleister vielen Geflüchteten eine Chance auf Arbeitsmarktintegration geben, zeigt auch die folgende Lebensgeschichte: Alaa Eddin wurde in Quneitra im Süden Syriens geboren. Als dort der Bürgerkrieg begann, studierte er. Während Millionen Syrer in umliegende Länder flüchteten, schloss Alaa Eddin sein Studium ab. Doch als die Lage in seiner Heimat immer verzweifelter wurde, machte auch er sich auf den Weg nach Deutschland und folgte damit seiner Schwester. Im Selbststudium - unter anderem mit Youtube - lernte er Deutsch, bis er das hier für ein Studium erforderliche Sprachniveau C1 erreichte. In Rekordzeit schloss er ein Studium der Informatik an der Universität Kiel ab.
Während des Studiums fand Alaa Eddin einen Werkstudenten-Job bei der Gi Group als Lagermitarbeiter. Schnell fiel dem Standortteam auf, dass in dem wortgewandten und wissensdurstigen Syrer Potenzial schlummerte. Und so konnte Alaa Eddin eine Karriere als Einsatzleiter in einem Onsite starten und später als Onsite Manager die Verantwortung für einen Standort übernehmen.
„Gi Group hat mir viele Türen geöffnet und die Chance auf eine glückliche Zukunft in Deutschland gegeben,“ ist Alaa Eddin dankbar.
„Ich kam mit leeren Händen hier her, und der Start im fremden Land und in einer fremden Kultur war schwierig. Heute bin ich hier zu Hause - seit Mai 2022 sogar deutscher Staatsbürger.“
„Meine Vorgesetzten haben mich konsequent unterstützt und gefördert“, berichtet Alaa Eddin. „90% der Zeitarbeitnehmer*innen in unserem Standort haben eine Fluchtgeschichte“, berichtet er. Sie seien besonders zuverlässig und fleißig, denn sie wollen sich eine Zukunft in Deutschland aufbauen. Allerdings sprächen viele zu Beginn der Tätigkeit kein Wort Deutsch und nur wenig Englisch. „Aber Arbeit ist der Schlüssel zur Integration, viele Kolleg*innen lernen während der Tätigkeit die deutsche Sprache und werden vom Kunden übernommen.“
Andrii, Iryna und Alexander arbeiten als Zeitarbeitskräfte in einem Logistikzentrum, Alaa Eddin als Onsite Manager für die Gi Group.
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